Im Juni 2004 entschlossen wir uns eine Reise durch die Türkei zu unternehmen, von Istanbul fuhren wir der türkischen Westküste entlang bis nach Antalya. Wir flogen mit der türkischen Fluggesellschaft Onur Air von Zürich nach Istanbul. Da Europa und Asien durch den Bosporus getrennt werden, Istanbul ist die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten, eingeschlossen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer liegt. Folglich gibt es keine europäische Stadt, die näher an Asien liegt, und auch keine asiatische Stadt, die näher an Europa liegt, als die türkische Metropole. Das historische Zentrum von Istanbul liegt übrigens auf europäischer Seite. Unsere Führung durch Istanbul begann mit der Besichtigung des Hippodrom auf dem Sultan Ahmet Platz zwischen der Haghia Sophia und der Blauen Moschee. In byzantinischer Zeit fanden im Hippodrom Pferde-und Wagenrennen und sportliche Spiele statt, er war aber auch Schauplatz grosser blutiger Kämpfe und Aufstände. Der wertvollste Teil des Hippodroms und gleichzeitig das älteste erhaltene Baudenkmal von Konstantinopel ist der ägyptische Obelisk, ein beeindruckender Monolith aus Granit. Hier konnten wir auch die Schlangensäule, welche ursprünglich vor dem Apollotempel in Delphi stand, betrachten. Die Säule zeigt drei ineinander verschlungene Schlangen. Auch an dem von Kaiser Wilhelm II zur Erinnerung an seinen zweiten Besuch in Istanbul gespendeten Deutschen Brunnen kamen wir vorbei. Dann ging’s weiter zur Sultan Ahmet Moschee, die durch ihre überragenden blauen Farbtöne mit dem Namen „Blaue Moschee" bekannt ist. Das was diese Moschee von allen anderen Moscheen in der islamischen Welt unterscheidet, sind ihre sechs Minarette. Vier davon, die sich an den Ecken erheben, werden an drei Seiten von Säulengalerien umsäumt. Insgesamt 260 Fenster erhellen einen prachtvollen, fast quadratischen Gebetsraum, der von einer Kuppel von 23,5 m Durchmesser überwölbt wird. In einer Gebetsmische wurde ein schwarzer Stein der Kaaba aus der heiligen Stadt Mekka eingelassen. Wir besichtigten auch das ganze Areal der Anlage in welchem sich eine Medrese, Armenküche, Karawanserei und ein für Waschungen vorgesehener Brunnen befand. Gegenüber der Blauen Moschee besuchten wir die weltberühmte Hagia Sophia, die „Kirche der Heiligen Weisheit“. Mit ihrem rötlich schimmernden Mauerwerk und den später in osmanischen Zeiten angebauten vier Minaretten gehört das gut 1400 Jahre alte Bauwerk zu den prägenden Erscheinungen der İstanbuler Silhouette und ist bis heute ein Wahrzeichen der Stadt. Die im Altertum grösste Kirche der Christenheit, die von aussen etwas plump wirkt, bot uns sobald wir das Hauptschiff betraten, ein völlig anderes Bild: Ein Kranz von 40 Fenstern im unteren Rand der Kuppel führte das Sonnenlicht geschickt ins Innere des Bauwerkes. Die im Mittelpunkt stehende riesige Kuppel überspannte einen grossen quadratischen Raum in dessen Mittelbau sich mehrere ebenfalls überkuppelte Seitenräume gliederten. Im Innern konnte man neben arabischen Sultanssiegeln und Koran­zitaten auch alte christliche Mosaike bewundern, das Ganze machte mit der Lichtfülle der unzähligen Fenster einen gewaltigen Eindruck. Im Garten der Hagia Sophia standen drei Mausoleen, in denen die Sultane Mehmet III., Selim II. und Murat III. ihre letzte Ruhestätte fanden. Der Spaziergang durch den Topkapi Sarayi, dem Jahrhunderte alten osmanische Sultanspalast welcher aus vielen kleinen und grossen Gebäuden, Pavillons und Gärten mit Brunnen bestand, versetzte uns in eine Welt der Märchen aus tausend und einer Nacht. Hier lebten der Sultan, das politische und geistliche Oberhaupt der Muslime, und seine Haremsfamilie, hier wurden aber auch die Reichsgeschäfte geführt, die Spitze der osmanischen Bürokratie ausgebildet und das Elitekorps des Sultans, die Janitscharen, untergebracht. Von der Terrasse aus hatte man einen einzigartigen Ausblick auf die Einfahrt in den Bosporus, das goldene Horn, das Genueser Viertel und den asiatischen Teil. Bevor wir uns auf die Bosporusfahrt begaben, besuchten wir den grossen Bazar, das pulsierende Herz der Altstadt, welcher kleine Geschäfte, die heute nicht nur Gewürze, sondern auch die verschiedensten Süssigkeiten, Kräuter, Tee, Apfelblütentee, Pistazien, Kaviar und Souvenirs usw. verkaufen, beherbergt. Der Geruch der Gewürze, die Händler die uns in die Geschäfte locken wollten, all das machte für uns den Orient so unwiderstehlich. Selbst in den Strassen rund um die Basare wurde gehandelt und verkauft was das Zeug hergab. Dann kam der Höhepunkt des Tages, die Fahrt auf dem 32 km langen Bosporus der die beide Stadtteile Istanbuls und die beiden Kontinente Europa und Asien trennt. Die beiden Kontinente sind an der breitesten Stelle 4 km und an der schmalsten Stelle nur 700 m voneinander entfernt. Für die Länder die am Schwarzen Meer liegen hat die Meerenge bei Istanbul eine lebenswichtige Bedeutung, da sie nur durch den Bosporus ins Mittelmeer gelangen können. Unvergleichlich war der Blick auf die Silhouette der Stadt. Hoch über den Häusern sah man die Kuppeln der Moscheen und Minarette. Auf unserer fast 1½ stündigen Fahrt Richtung Schwarzes Meer gelangten wir als erstes zur Bosporus Hängebrücke, welche 1973 erbaut wurde und die beiden Erdteile Europa und Asien auf einer Länge von 1622 m verbindet. Besonders beeindruckend waren die an den Ufern stehenden, aus Holz gebauten Sommervillen. Die Fahrt ging vorbei an aufwendig restaurierten osmanischen Palästen und Schlössern die heute bekannten Hotelketten gehören. Ebenfalls eine Attraktion waren die am Ufern ankernden riesigen Kreuzfahrtschiffe, vorbeiziehende Frachter und Tanker. Rund 150 Schiffe sollen täglich die Wasserstrasse, die das Schwarze Meer mit der Ägäis verbindet passieren. Wir fuhren an den zwei trutzigen Festungen, der „Anadolu Hisari“, auf der asiatischen Seite und der „Rumeli Hisari“ am europäischen Ufer vorbei, diese liegen an der schmalsten Stelle des Bosporus. Von beiden Burgen wurde früher der Schiffsverkehr ins und aus dem Schwarzen Meer kontrolliert. Es überraschte uns dass wir uns nach über einer Stunde Schiffsfahrt, immer noch in Istanbul befanden. Erst jetzt wurde einem richtig bewusst, besonders wenn man auch noch Richtung Schwarzes Meer blickte, wie gross die Stadt eigentlich war. Am nächsten Morgen fuhren wir am blauen Wasser des Bosporus entlang über die Grenze zwischen Orient und Okzident, wir konnten den herrlichen Blick auf die Silhouette der vorüberziehenden Altstadt geniessen. Anschliessend ging’s weiter entlang an der Küste des Marmarameeres zur Halbinsel Gallipoli, hier bestiegen wir die Fähre über die Dardanellen nach Canakkale. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt betraten wir in Canakkale zum ersten Mal asiatischen Boden. In Troja machten wir einen Halt um die Ausgrabungsstätte, die eine Stunde von Canakkale entfernt liegt, zu besichtigen. Die Bekanntheit Trojas ist in erster Linie auf Homer zurückzuführen, der vor fast 300 Jahren die Geschichte der Stadt in seinem berühmten Epos „Ilias“ verarbeitete. Der Geschichte nach wurden Neun verschiedene Trojas jeweils auf den Trümmern der älteren Stadt wieder aufgebaut. Beim Rundgang durch das umzäunte, weiträumige Areal brauchte man viel Fantasie um sich die freigelegten Siedlungsschichten als Ganzes vorstellen zu können. Neben dem eigentlichen Gelände gab es vor allem Souvenirläden, Imbisstuben und einen grossen Parkplatz, und natürlich die Nachbildung des Trojanischen Pferdes. Man konnte über eine Holztreppe in das Innere des Pferdes gelangen, ja sogar zum Fenster herausschauen. Das Pferd, das aus einer Holzkonstruktion angefertigt wurde, diente der Überlieferung nach in einer Kriegslist dem unerkannten Einschmuggeln von Soldaten in die belagerte Stadt. Demnach soll eine Gruppe von Griechen es geschaffte haben, versteckt in einem grossen hölzernen Pferd, in die Stadt zu kommen. Später plünderten die Griechen die Stadt und brannten sie nieder. Nur einige wenige Trojaner sollen damals entkommen sein. Nach einer Übernachtung in Cannakale ging die Fahrt am nächsten Morgen weiter nach Pergamon, dem hellenistischen Kulturzentrum. Hauptsehenswürdigkeit war sicher der Burgberg mit den Ruinen der antiken Stadt Pergamon, welcher über der Stadt Bergama liegt. Berühmt war Pergamon, der Ort wo das Pergamentpapier erfunden wurde, für seine etwa 200'000 Schriftrollen umfassende Bibliothek. Imposant war das steil an einem Hang abfallende Theater, hier fanden etwa 15'000 Personen Platz. Wir besichtigten die Akropolis mit Resten der Königspaläste, den wenigen Überreste des Artemis-Tempels und das Fundament des berühmten Zeus Altars. Etwas unterhalb der Akropolis konnten wir das Asklepieion, eine der bekanntesten Heil-und Kurstätten des klassischen Altertums besuchen. Dieses war in früheren Zeiten eine Art Kurbad wo sich die Reichen zur damaligen Zeit ihre Krankheiten auskurieren liessen. Beim Nachlesen mit welchen Methoden damals die Kranken kuriert wurden, beschlich einem ein leichtes Schaudern. Nach einer Fahrt entlang der Ägäis Küste erreichten wir gegen Abend den Ort Kusadasi der gegenüber der griechischen Insel Samos liegt. Während des Nachtessens konnten wir hier auf der Hotelterrasse einen prächtigen Sonnenuntergang geniessen. Unsere Fahrt ging weiter von Kusadasi über Izmir nach Ephesus. Ephesus gehört zu den weltweit berühmtesten antiken Stätten, die aus vorchristlicher Zeit erhalten geblieben sind. Die antike Metropole ist seit Mitte des 19. Jhs. Stück für Stück freigelegt und aufwändig restauriert worden, sodass sich heute das fast vollständige Bild einer reichen Grossstadt vor 3000 Jahren zeigt. Der Weg durch Ephesos führte uns über die Marmorstrasse zur Kuretenstrasse, vorbei an der ehemals dreischiffige Marktbasilika, dem Odeon, dem Prytaneion und dem Poliobrunnen, zum Domitiantempel und Herkulestor. Über einem Kanal mit fliessendem Wasser gab es öffentlichen Toiletten, die sogenannten Latrinen mit Marmorsitzen, die von bis zu fünfzig Personen gleichzeitig benutzt werden konnten. Die Thermen, die Latrinen und das am unteren Ende der Kuretenstrasse gelegene "Haus der Liebe" stellten den höchsten Grad ziviler Entwicklung in damaliger Zeit dar. Am Ende der Strasse konnte man das am aufwändigsten restaurierte Gebäude, die Celsus-Bibliothek erblicken, hier finden im Sommer immer wieder Konzerte statt. Über die Marmorstrasse welche uns an der Bibliothek vorbei führte kamen wir zum grossen Theater, wo wahrscheinlich der in der Bibel beschriebene „Aufstand der Silberschmiede“ stattfand. Die riesigen Zuschauerränge boten damals 25 000 Zuschauern Platz, und auch in der heutigen Zeit findet hier jährlich das Internationalen Festival von Ephesus statt. Am nächsten Morgen ging’s von Ephesus zu den wie in einer schneeweissen Märchenlandschaft aussehenden Kalksinterterrassen von Pamukkale. An einem Berghang, der von weitem aussah wie ein Eisgletscher, klebten übereinander gestaffelt runde, steinerne, terrassenartige Kalksteinbassins. Die heilende Wirkung des 35 Grad warmen, kalziumbikarbonat haltigen Wassers sollen schon die alten Römer zu nutzen gewusst haben. Geformt wurden die Becken durch die Ablagerungen des kalkhaltigen Thermalwassers welches beim Abkühlen sehr viel Kalk ausschied und dann zu Terrassen, Wölbungen und natürlichen Wasserbecken erstarrten. Bei der Anfahrt nach Pamukkale kamen wir zuerst nach Hierapolis, hier führte die Strasse mitten durch die zur Stadt gehörende Nekropole. Links und rechts sahen wir die Bestattungsplätze der antiken Stadt, welche teils aus steinernen Sarkophagen, teils aus Steinhäusern oder aus Tumulusen, in denen die Verstorbenen bestattet wurden, bestand. Mehr als 1200 Gräber und Hunderte von Inschriften wurden hier ausfindig gemacht. Beim Gang durch das Domitiantor mit seinen drei Torbögen gelangten wir zur Arkadenstrasse, der alten Prachtstrasse von Hierapolis und von dort vorbei an den Tempelruinen zum römischen Theater. Auf der Weiterfahrt nach Antalya konnten wir die Schönheiten des Hochlandes von Anatolien entdecken. Unterwegs besuchten wir eines der wichtigsten Teppich-Knüpfzentren des Landes. Während etwa 2 Stunden konnten wir den Werdegang eines Teppichs vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt „miterleben“. Der Besuch begann mit einer Führung durch eine Schau-Werkstatt, in der die einzelnen Phasen der Teppichherstellung demonstriert wurden. Wir sahen wie Seidenfäden hergestellt wurden, dann konnten wir das Färben der Wolle mit Naturfarben, das Spinnen und schliesslich das Knüpfen nach traditionellen Motiven auf den grossen Knüpfstühlen betrachten. Auch in der heutigen Türkei wird diese Arbeit vielfach von kleinen Mädchen im Familienverbund ausgeführt was für anatolische Verhältnisse normal ist. Dann ging’s weiter zur grossen Verkaufsshow. Zuerst gab’s einen Begrüssungstee und einen kleinen Raki. Dann wurden durch fleissige Helfer in rascher Folge kleine und grosse Teppiche vor uns ausgerollt, und wir wurden aufgefordert, das Material mit „Händen und Füssen“ zu prüfen. Alsdann ging unsere Fahrt weiter über das landschaftlich wundervolle Taurus Gebirge nach Antalya. An unserem letzten Tag der Rundreise besichtigten wir die Ausgrabung von Perge. Das Theater mit schönen Marmorreliefs war das erste Bauwerk, das wir an dieser Stätte antrafen. Das im griechisch römischen Stil erbaute Theater konnte 15000 Zuschauer fassen. Einige Meter weiter kamen wir zum hufeisenförmigen Stadion welches eine Abmessung von 34m x 344m hatte und Platz für 12000 Zuschauer bot. Dann ging’s weiter zu den beiden Rundtürmen der hellenistischen Toranlage, welche das wichtigste Tor der Stadt war, und die teilweise noch erhalten sind. Nachdem wir dort hindurch gingen kamen wir zum Westthermalbad, in dem man noch deutlich die einzelnen Badebecken und Räume sehen konnte. Von der hellenistischen Toranlage führte die Hauptstrasse der Stadt, mit einem 2 Meter breiten offenen Wasserkanal in der Mitte zum Akropolisnymphaion. Dann gings weiter zur Agora und zur Säulenstrasse, dies war der Ort wo man kommunizierte und sich entspannte. Selbstverständlich durfte in der modernen Türkei ein Besuch in einem Lederwarengeschäft wie auch in einer Schmuckfabrik nicht fehlen. Von dort ging unsere Fahrt weiter zum Karpuzkaldiran-Wasserfall, der höchste im Gebiet von Antalya. Aus ca. 60 Meter Höhe rauschten hier mit Getöse enorme Wassermassen den Fels herunter, direkt ins Meer. An der Aussichtstelle wurde ein schöner Park angelegt, welcher zu einem Spaziergang einlud. Nach dem Mittagessen machen wir eine Stadtrundfahrt durch Antalya, vorbei am Minarett der Yivli Minare Moschee. Wir fuhren am Uhrturm oberhalb des Minaretts vorbei, der ein weiteres Wahrzeichen Antalyas und bereits Ausdruck der modernen Stadt des 19. Jhs. ist. In der sehenswerten Altstadt konnten wir viele verwinkelte Gässchen und alte Gebäude erblicken. Bei der Gelegenheit haben wir einen ausgiebigen Besuch im grossen Bazar gemacht, der überwiegend von Touristen besucht wird. Das Warenangebot im Labyrinth des überdachten Gebäudes war umwerfend: Obst, Trockenfrüchte, exotische Gewürze, Lederwaren, Bekleidung, Schmuck, das meiste Kopien, gut gemacht und unschlagbar im Preis. Die Auswahl reichte von orientalischen Kleidern für den Bauchtanz über moslemische Kappen bis zu den türkischen Hosen. Die Verkäufer sprachen zum grössten Teil deutsch, das sich ständig wiederholende „Hallo, Du deutsch? Komm her und kauf' was“ überhörten wir mit der Zeit. Dann kam der letzte Tag unseres Aufenthalts in einem Land dass unserer Meinung nach viel mehr zu bieten hat als Sonnenschein und Meeresstrand. Schon am frühen Morgen wurden wir zum Flughafen von Antalya gebracht, von hier flogen wir mit einem langen, technischen Stopp in Istanbul nach Zürich zurück.