Delhi und Agra
Nachdem wir Bhutan verlassen hatten sind wir nun in Indien wieder in einer völlig anderen Welt gelandet. Schon die Fahrt vom Flughafen zum Hotel war ein Erlebnis. Vorbei an Autobussen, Fahrradrikschas und PKWs die sich hupend vorwärts kämpften und zwischen grossen mit Früchten und Gemüse beladenen Holzwagen, welche von Hand geschoben wurden, ging unsere Fahrt zum Lalit Hotel in Delhi. 20 Millionen Menschen leben bereits jetzt in der indischen Hauptstadt, die Hälfte davon in illegalen Siedlungen. Trotz behördlicher Korruption und horrender Mieten zieht es die Menschen in die Riesenstadt. Nach einer kurzen Rast begaben wir uns auf die Besichtigungstour von New Delhi. Das jetzige Delhi besteht aus zwei deutlich voneinander getrennten Teilen: dem „alten“ Delhi, mit seinen typisch orientalischen Stadtvierteln, seinen engen Gassen und Basaren, Tempeln, Moscheen und anderen historischen Monumenten und dem „neuen“ Delhi. Hier zwischen den Gräbern und Mausoleen, Erinnerungsstätten edler Herrscher und Könige, ist Delhi so wie es von den Briten gestaltet wurde, breite Prachtstrassen, unberührte Gärten, weit verstreute Sommerhäuser im Kolonialstil und schattige Alleen. Unser erstes Ziel war das Gandhi Smriti oder auch Birla House genannt, die Gedenkstätte von Mahatma Gandhi, dem wohl bekanntesten Mann Indiens. In diesem Haus über dessen Eingang in Englisch und Hindi der Satz steht „mein Leben ist meine Botschaft“ hatte Gandhi die letzten Jahre seines Lebens in Delhi gelebt. Wir konnten die guterhaltenen Räume die sein Zuhause waren besichtigen, unter anderem sahen wir sein Schlafzimmer, dass mehr als spartanisch eingerichtete war, überhaupt zeugten alle Räume von seinem asketischen Leben. Im Garten trafen wir auf den riesigen „Weltfrieden-Gong“ und eine grossen Bronzestatur, diese stellte Gandhi an einem Spinnrad dar. Auf einem Pfad führten uns Fussstapfen zu der Stelle im Gartenbereich an der Mahatma Gandhi am 30.Januar 1948 ermordet wurde. Der nächste Besichtigungspunkt war ein Kulturgut und gleichzeitig ein Meilenstein indischer Architektur. In einer prächtigen, nach alten Plänen restaurierten Gartenanlage mit vier Höfen, besuchten wir das Grabmal des Humayun, das seine Witwe 1569, vierzehn Jahre nach seinem Tod, erbauen liess. Das sehr gut erhaltene Mausoleum aus rotem Sandstein, mit einer strahlend weissen Zwiebelkuppel, ist das älteste Mogul-Grab Delhis. Die Fassaden wurden kunstvoll mit Marmorintarsien verziert, vier grosse Bogenportale führten uns in einen schlichten Innenraum unter dem sich die eigentliche Grabkammer befand. Neben Humayan wurden in diesem Familiengrab noch weiter Nachkommen des Mogulkaisers beigesetzt. So auch der Barbier Humayans, einer der engsten Vertrauten des Herrschers, erhielt hier seine Ruhestätte, schliesslich vertraute er ihm bei der täglichen Rasur sein Leben an. Auf einer breiten, schnurgeraden Prachtstrasse, der „Raj Path“, ging's anschliessend zum letzten Stopp des heutigen Tages. Beim Sonnenuntergang hatten wir einen schönen Blick auf das 42 m hohe India Gate, offiziell „All India War Memorial“ genannt. Unter dem Torbogen befindet sich ein Denkmal zur Erinnerung an die 90.000 indischen Soldaten, die im 1. Weltkrieg für Grossbritannien ihr Leben liessen, auch die Toten im Krieg zwischen Indien und Pakistan im Jahre 1971 werden durch dieses Denkmal geehrt. So endete unser erster Tag in Delhi, ein Tag mit vielen unvergesslichen Eindrücken. Am nächsten Morgen ging unsere Besichtigungstour durch Old Delhi weiter, nun bekamen wir einen Einblick davon was es heisst, wenn Millionen von Menschen auf engstem Raum zusammenleben (und diesen Raum auch noch mit diversen Tieren teilen müssen). Die Strassen waren überfüllt mit Fahrrad-oder Autorikschas, Mopeds, Autos, Fussgängern, Strassenverkäufern, Hunden, Katzen und heiligen Kühen. Unser erstes Ziel war das Rote Fort, das grösste Bauwerk von Delhi und eine der touristischen Hauptattraktionen der Stadt. Die riesige Festung aus roten Sandsteinmauern diente früher der Abwehr von Feinden und wurde 1648 erbaut. 1858 übernahm die britische Armee das Fort und zerstörte einige der Pavillons und Gärten, um eine Garnison einrichten zu können Durch das gewaltige Lahore Gate betraten wir das riesige Bauwerk und schlugen uns zunächst durch eine Ansammlung von Souvenirläden, den Nachfolgern der Bazare, welche damals von gesellschaftlich höherstehenden Frauen für den Mogulenhof betrieben wurden. Im Inneren der riesigen Anlage konnte man die verschiedensten Bauten, wie Kampfplätze für Elefanten, die Perlenmoschee Moti Masjid, zahlreiche Paläste und ein Hammam, besichtigen. Im Diwan-i-Khas, der Audienzhalle des Grossmoguls, über deren Eingang geschrieben stand: "Wenn es ein Paradies auf Erden gibt, dann ist es hier, hier, hier", befand sich der berühmte Pfauenthron. Leider haben Marmorkuppeln mittlerweile die Kupferplatten auf den Dächern ersetzt und auch von den kostbaren Steinen und Juwelen, die einst die Wände schmückten, ist kaum etwas übriggeblieben. Die Paläste enthalten aber immer noch sehr schöne Marmorarbeiten. Danach stand eine Velo-Rikschafahrt auf dem Programm. Mit „Ein-Mannstärke“ fuhren wir durch den Chandni Chowk, einer der bedeutendsten Märkte von Delhi. Diese Fahrt war wirklich ein Erlebnis, die Strassen waren so eng, dass sich gerade zwei Rikschas kreuzen konnten, Autos hatten hier überhaupt keine Chance zum Durchkommen. Es war wirklich erstaunlich wie geschickt sich die Verkehrsteilnehmer auf diesem engen Raum aneinander vorbei schlängelten ohne dass Vehikel oder gar Personen zu Schaden kamen. Von unserem „Fahrzeug“ aus hatten wir einen wunderbaren Blick auf die Geschäfte und Stände, jede noch so kleine Nische wurde hier durch einen Laden, eine Werkstatt oder ein Lager genutzt. Räucherwerk wurde feilgeboten, daneben glitzernde Bordüren, Schmuck, Hygieneartikel, Saris, Lotterietickets, alles „was das Herz begehrte“ konnte  man hier erwerben. Vor den Geschäften wurden Obst und Gemüse am Boden oder auf Karren angeboten, ebenso faszinierende Elektro- und Kabelinstallationen über unseren Köpfen konnten wir auf der Fahrt bewundern. Am Ende unserer Fahrt erreichten wir Djamaa Masdjid Moschee auch Freitagsmoschee genannt. Diese grösste und für indische Muslime wichtigste Moschee wurde in den Jahren 1644-58 erbaut, sie soll etwa 25000 Gläubigen Platz bieten. Nachdem wir uns die Stufen zur Moschee hochgequält hatten, mussten sich die weiblichen Besucher mit einem farbenfrohen gepunkteten, aber wenig kleidsamen Umhang ausstaffieren lassen diesen konnte man kostenlos am Eingang in Empfang nehmen. Da die Anlage Barfuss betreten werden musste bekamen wir zuerst einmal Überzieher für unsere Schuhe. So betraten wir den hinter einem doppelstöckigen Tor liegenden, weiträumigen Innenhof in dem sich beim Freitagsgebet an die zwanzigtausend Gläubige und abertausende Tauben den Blick auf die Hauptmoschee teilen. Bestimmt ist es ein erhebender Anblick, wenn die Betenden sich hier dichtgedrängt gegen Mekka neigen. Eine riesige Kuppel aus weissem Marmor in der Mitte der Anlage machte diese Moschee so einzigartig. Von den Treppen der Moschee aus konnte man das rote Fort sehen und einen Blick auf das bunte Gewimmel von Alt-Delhi erhaschen. Unser letzter Besuch in Delhi galt dem Laxmi Narayan Mandir, einem modernen farbenfrohen hinduistischer Tempel, dieser befand sich mitten im regen Strassengewirr, er war Laxmi, der Göttin des Reichtums und Narayana dem Retter, geweiht. Natürlich mussten wir auch hier wieder die Schuhe ausziehen um die Anlage betreten zu dürfen. An den Wänden konnte man verschiedene geschnitzte Szenen aus der hinduistischen Mythologie erblicken. Wir konnten den Indern zuschauen wie sie beteten und ihren Göttern Opfer darbrachten wobei sie bei jeder der Statuen ein paar Münzen zur Spende in einen Behälter opferten und gelbe und lilafarbene Blumen in ein Körbchen warfen, diese wurden dann später über die Stufen der Statue gestreut. Leider durfte man hier keine Fotos machen. Anschliessend konnten wir uns noch im angeschlossenen Laden mit Kunsthandwerk und Tüchern aus Kaschmir und Seide eindecken. So waren wir nun am Ende unserer Besichtigung in Delhi angekommen und begaben uns zum Schluss nochmals ins Hotel Lalit um hier mit dem Rest unserer Gruppe, die am Abend wieder zurück in die Schweiz flogen, ein letztes gemeinsames Mittagessen einzunehmen. Dann hiess es für uns Abschied nehmen, bereits wurden wir von unserem Chauffeur erwartet, mit dem wir uns auf die 230 km lange Reise nach Agra, im heutigen Bundesstaat Uttar Pradesh, machten. Die Fahrt quer durch Delhi und dann auf der Autobahn in Richtung Agra bescherten uns überaus interessante Eindrücke von Land und Leute. Da der Verkehr und auch das Gehupe nicht weniger wurde, fiel es uns gar nicht auf dass wir irgendwann die Stadtgrenze von Delhi hinter uns gelassen hatten. Unsere Fahrt ging durch kleinere und grössere Ortschaften mit den uns inzwischen schon bekannten Stadtbildern, den heiligen Kühen die sich überall am Strassenrand aufhielten, Frauen in farbenfrohen Saris, kleine Dreiradtaxis mit mindestens zehn Insassen oder sechsköpfige Familien die auf einen Motorrad sassen. Unterwegs mussten wir feststellen dass unserer Fahrer die englische Sprache etwa genauso „gut“ beherrschte wie wir, was dann leider eine Unterhaltung unmöglich machte. Irgendwann hielten wir bei einem typischen, grossen aber nicht gerade freundlichen Touristenrestaurant. Am meisten erstaunte uns hier die Speisekarte die ausser Pommes-Frites, Clubsandwiches und Spagetti überhaupt nichts Indisches anbot. Spät abends erreichten wir unser Ziel, Agra, die Stadt des sagenhaften „Taj Mahal" welche am Ufer des Flusses Yamuna liegt. Die Stadt begrüsst uns wie viele andere indische Städte chaotisch mit vielen Menschen und nicht gerade besonders sauber, aber lebendig. Am nächsten Morgen wurden wir schon früh von unserem Reiseleiter abgeholt und fuhren die kurze Strecke vom Hotel bis in die Nähe des Taj Mahal. Gäbe es nicht das Taj Mahal und die anderen grossen Bauwerke aus der Zeit der Mogulen, niemand würde vermutlich nach Agra reisen. Agra ist keine besonders schöne Stadt, nicht anders als alle anderen Städte in Indien. Am Ticketschalter erhielten wir eine kleine Tüte mit einer Wasserflasche und einem Paar Stoffschuhe, alles war im Preis inbegriffen, dann ging's in 5 minütiger Fahrt, mit einem Elektromobil, zum Eingang des Taj Mahals. Um den Marmor vor Abgasen zu schützen sind Autoverkehr und Industrie in ca. 2 km Umkreis verboten, man benutzt Pferdekutschen, Tuktuk’s oder Elektromobile zur Weiterfahrt. Ein gepflegter Weg führte uns über eine Grünfläche zum Eingangstor über dem 22 Kuppeln aus rotem Sandstein thronten, für jedes Jahr der Bauzeit eine. Und dann standen wir tatsächlich vor dem berühmtesten Gebäude Indiens, gebaut von einem Grossmogul für seine bei der Geburt des 14. Kindes verstorbene Frau. Mit eigenen Augen das Taj Mahal sehen, davorstehen und staunen. Wir konnten es kaum glauben, dass wir tatsächlich hier waren. Das ganz aus weissem Marmor erbaute Mausoleum, mit 40m hohen Minaretten an den vier Ecken der Umfassungsmauer, ist genauso atemberaubend wie man es von den Bildern kennt. Über eine steile Treppe gelangten wir zum Eingang der eigentlichen Grabkammer, einer riesigen Kuppelhalle mit leeren Prunksarkophagen, die echten Gräber liegen darunter. Erst aus der Nähe konnte man die kunstvoll aus Stein gehauenen Blumenornamente und Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen an den Wänden erkennen, darunter Onyxe, Amethyste, Türkise, Lapislazuli, Jade, Kristalle, Korallen und Perlmutt, diese wurden aus ganz Asien herangeschafft. Bis zu 48 winzige Halbedelstein-Stücke wurden so dicht aneinander gesetzt damit die Blüten keine Bruchnaht erkennen lassen. Auf der Rückseite des Mausoleums hatte man vom Rand der Marmorterrasse einen schönen Blick auf den Fluss Yamuna, der allerdings recht wenig Wasser führte. Auf beiden Seiten des Taj Mahal erblickte man zwei sehr schöne Moscheen, aber nur eine von ihnen ist nutzbar, die zweite ist nicht nach Mekka ausgerichtet und wurde nur als "Deko" gebaut. Anschliessend begaben wir uns zum 18 Hektar grossen Garten, Teil eines Meisterwerkes muslimisch-indischer Architektur, mit dem typischen Wassergraben, in dessen Mitte sich das Taj sich spiegelte. Wir hatten das Glück dass sich zu dieser Jahreszeit nicht so viele Touristen in der Anlage aufhielten, es war für uns interessant die zahlreichen Menschen, elegante Inderinnen im Sari neben westlich gekleideten jungen Männern und Touristen aus aller Welt zu beobachten. Auf dem Weg nach draussen musste man sich immer wieder umdrehen um den unglaublich schönen Anblick dieses beeindruckenden Bauwerks, das wohl jedem Besucher beim ersten Anblick Ehrfurcht einflösst, nochmals zu geniessen zu können. Dann ging’s weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit, zum etwa 2 km vom Taj Mahal entfernt liegenden roten Fort welches im 16. Jahrhundert als Residenz der Moguln erbaut und ursprünglich nur als ein militärisch strukturiertes Gebäude geplant wurde. Die Anlage wurde nahezu komplett aus rotem Sandstein erbaut, dieser Tatsache verdankt es auch seinen Namen. Auch hier gelangten wir durch ein grosses Tor ins Innere der Anlage die von einem2, 4 km langen Schutzwall und einem inneren Befestigungsring umgeben ist. Die Festung ist ein komplexes Gebilde mit einer Fülle von architektonischen Schönheiten, mehreren Paläste und Tempelanlagen, grösstenteils bestehen sie aus weissem Marmor, Mosaike an den Wänden, den Decken und am Boden verstärken diesen gewaltigen Eindruck noch. Ein prächtiger Anblick waren die öffentliche Audienzhalle sowie die Perlenmoschee, diese sollen auch die meistbesuchten Gebäude in der Anlage sein. Da wir eigentlich gar nichts Spektakuläres von diesem Fort erwartet hatten war die Überraschung umso grösser, zudem war es ein tolles Erlebnis von dort über den Fluss Yamuna auf das Taj Mahal zu blicken. Anschliessend ging’s zur letzten Besichtigung in Agra, zum kleinen, aber äusserst malerischen, Itimad-ud-Daulah, dem sogenannten Baby Taj, das sich auf der vom Taj Mahal gegenüberliegenden Seite des Yamuna Flusses befindet. Dieses Grabmal diente als Vorbild für das Taj Mahal, was die Marmorauskleidung betrifft. Von der Grösse her ist es mit dem Taj Mahal nicht vergleichbar, es wurde aber genauso prachtvoll gearbeitet. In einem pavillonartigen Aufsatz des Daches befanden sich die Marmorgräber von Itmad-ud-Daulah und seiner Frau Asmat-ul-Nissa und genau darunter lag die Grabkammer, deren Wände mit Marmorreliefs geschmückt waren. Übrigens konnten wir im wunderschönen Garten der Anlage kleinen aggressiven Affen beim Spielen zuschauen. Am Nachmittag begaben wir uns auf die etwa 5 stündige Rückfahrt nach Delhi von wo wir kurz nach Mitternacht den Rückflug nach Zürich antraten. Während diesen zwei Tagen in Indien haben wir ein wirkliches Mammutprogramm an Besichtigungen hingelegt, aber dafür auch sehr viel gesehen und erlebt, ein exotisches Gemisch aus alten Bräuchen und farbenfrohem Treiben auf den Basaren, märchenhaften Palästen und kunstvoll verzierten Tempeln.