Wir flogen von Zürich aus mit einer TU-154M der staatlichen Bulgarischen Fluggesellschaften AIR VIA nach Varna. Die Tupolev, welche angeblich alle auf dem neuesten Stand sein sollten, gebaut allerdings schon um 1989, war im Inneren ziemlich ungepflegt und eng, auch die Sitzgurte erinnerte eher ein Stück Gurt mit einem Universalverschluss, als an einen Sicherheitsgurt. Die Sitze waren ziemlich klapprig und die Beinfreiheit war sicher nicht für „langbeinige Passagiere“ berechnet. In Varna wurden wir von unserer Reiseleiterin in Empfang genommen und in ein Hotel direkt am Meer gebracht. Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, begann unsere Rundreise Richtung Süden. Entlang der Goldküste fuhren wir von Varna nach Nessebar. Der hübsche kleine Badeort mit seiner sehenswerten Altstadt, die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt, liegt auf einer Halbinsel, nur durch einen kleinen Damm mit dem Festland verbunden, in der Nähe vom Sonnenstrand. Schon bei der Anfahrt konnte man die antike Stadtgrenze an den Mauerresten erkennen. Der Gang durch die historische, unter Denkmalschutz stehende Altstadt mit ihren winkligen, kopfsteingepflasterten Gassen führte uns in eine vergangene Zeit. Ruinen von über 40 Kirchen aus dem Mittelalter, von denen nicht alle ihren einstigen Glanz bewahren konnten, gehörten ebenfalls zum Stadtbild. Vielfach wurden die Kirchen zu profanen Zwecken umgewandelt und dienen heute unter anderem als Kunstgalerien. Beim Bummel durch die Altstadtgassen fielen uns besonders die typischen Schwarzmeerhäuser auf, die im Erdgeschoss aus Naturstein gebaut wurden, während das Obergeschoss aus holzverkleideten Erkern und reich geschmückten Fassaden bestand. Am nächsten Morgen besichtigten wir Plovdiv die zweitgrösste Stadt Bulgariens die am Ufer des Flusses Maritsa liegt. Beim Bummel durch die Altstadt „der Stadt auf den sieben Hügeln“, hatte man einen wunderbaren Ausblick auf das Rhodopen-Gebirge. Wenn es nach der Schönheit ginge müsste Plovdiv die Hauptstadt Bulgariens sein. Unser Rundgang durch die historische Altstadt führte durch schmale, mit Steinplatten gepflasterte Gassen, an schön bemalten Häusern der Wiedergeburtszeit vorbei zum römischen Theater, hier finden heute wieder kulturelle Veranstaltungen statt. Wir besichtigten die Sveti Konstantin und Elenakirche mit ihrer vergoldeten Altarwand. Neben den orthodoxen Kirchen war besonders die Dzumaja-Moschee mit ihrem reich verzierten Minarett sehenswert. Beim Besuch des ethnografische Museum welches in einem hübschen Kaufmannhaus aus dem Jahr 1847 untergebracht war, konnten wir eine umfangreiche Ausstellung traditioneller Werkzeuge, Trachten, Musikinstrumente und Möbel besichtigen. Dann ging’s weiter zu einem Ausgrabungsgebiet auf einen Hügel aus der Zeit als Plovdiv noch Eumolpias hiess. Von dort konnten wir eine gute Aussicht über die ganze Stadt geniessen. Am Nachmittag ging unsere Reise weiter, über den Jundola-Pass“, ins Pirin-Gebirge. Am späten Nachmittag erreichten wir das hübsche Städtchen Bansko, ein bekannter Wintersport und Höhenkurort. Noch heute zeugen hier viele Häuser, meist von einer hohen Mauer umgeben, vom früheren Wohlstand ihrer Besitzer. Am Abend fuhren wir mit einem Pferdewagen, ganz idyllisch, zu einem Picknick im Walde, hier wurde uns bei Wein und landesüblichen Spezialitäten, von einer typische Männerfolkloregruppe verschiedene bulgarische Lieder und Tänze vorgeführt. Und dann kam der Tag der Krönung unserer Reise, der Besuch des Rila-Klosters, gelegen in einem Tal des Rila-Gebirges zwischen den Flüssen Rilska und Drushlyawitsa, in einer Höhe von 1147m. Das Kloster wurde nach dem Mönch Ivan Rilski benannt, diesen verehrte man im 10 Jh. schon zu Lebzeiten als Heiligen. Durch das Eingangstor einer gewaltigen Festungsmauer betraten wir eine riesige Klosteranlage. Von aussen streng, abweisend und uneinnehmbar, wirkte es im Innern heiter und verspielt. Mit ihren zahlreichen grösseren und kleineren Kuppeln erhebt sich im Zentrum des Klosterhofes die Maria-Geburtskirche. Das Kloster ist eine Harmonie von Farbe und Formen. Die Holzkonstruktionen, Erker und Balkone prägen die Fassaden des Klosters. Die farbenprächtigen Malereien im offenen Säulengang zogen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Zusammen mit den Fresken im Inneren der Kirche werden ca. 1200 Szenen religiösen Inhalts erzählt. Ein Rundgang über die Aussengänge der Wohn- und Wirtschaftsgebäude und der Besuch des Museums verschafften uns einen Eindruck von der einstigen und heutigen Lebensweise der Mönche. Nach dem Mittagessen verliessen wir die Bergregion und machten uns auf den Weg nach Sofia. Leider blieb uns in der Landeshauptstadt nur wenig Zeit für eine Stadtbesichtigung. Es reichte aber für den Besuch der gewaltigen Alexander Nevski Kathedrale, die in Erinnerung an die Befreiung Bulgariens im Russisch-Türkischen Krieg 1877/78 errichtet wurde. Sie gilt als Wahrzeichen Sofias und bietet 5.000 Gläubigen Platz. Vor allem fielen uns die beiden mit Blattgold überzogenen Kuppeln direkt ins Auge. Im Innern der Kirche konnten wir die bekanntesten russischen und bulgarischen Meister der Zeit um die Jahrhundertwende welche hier mit Wandmalereien, Ikonen und Mosaiken vertreten sind, bewundern. Die Krypta beherbergte eine Ausstellung von weit mehr als 200 Ikonen, Fresken und gedruckten Ikonenblättern bulgarischer Meister. Vor der Nevski-Kathedrale besuchten wir einen grossen Trödlermarkt auf dem preiswert Ikonen, Münzen, Orden und andere Artikel angeboten wurden. Der Nevski-Kathedrale zugewandt befand sich an der Mauer der Sveti Sofia, der Namensgeberin der Stadt, das Grab des unbekannten Soldaten mit der ewigen Flamme. Besonders hübsch war die Sveti Nikolai- Kirche, eine kleine typisch russische Kirche, mit fünf Zwiebeltürmen, welche 1913 auf Weisung des russischen Konsuls erbaut wurde. Von dort ging’s weiter zum Präsidentenpalast hier konnten wir gerade bei einer Wachablösung zuschauen. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir einen grossen Hinterhof in dem sich das älteste Denkmal der Stadt befindet, die Rotunde "St. George", welche im 4. Jh. v. Chr. gebaut wurde. Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Sie diente ursprünglich den Römern als Kultstätte, dann den Slawen als christliche Kirche, später den Türken als Moschee, schliesslich seit Bulgariens Eigenstaatlichkeit wird sie wieder als christliche Kirche genutzt. Zum Schluss der Stadtbesichtigung war dann noch ein wenig „flanieren“ durch die Geschäftsstrassen angesagt. Nach einer Übernachtung etwas ausserhalb von Sofia ging die Fahrt am anderen Morgen weiter durch das Rosental zum Städtchen Kazanlak, einer der meistbesuchten Orte dieser Gegend, da sich hier das unter Schutz der UNESCO stehende thrakische Grabmal befindet. Wir besichtigten die hier im Park Tjulpeto gelegene, originalgetreue Kopie des farbenfrohen Fürstengrabes. Das Grabmal wurde zufällig unter einem grossen Hügel im Jahr 1944 gefunden. Die Einzigartigkeit dieser Grabstätte, mit einer bienenstockförmigen 3,25 m hohen Kuppel,.besteht vor allem in den Wandmalereien die unter anderem ein thrakisches Paar auf einem Beerdigungsfest darstellt Da diese Region seit Jahrhunderten bekannt für die Rosenölproduktion ist besuchten wir das Rosenmuseum, hier wurden uns anhand zahlreicher Exponate die Geschichte und Technik der Rosenölproduktion erklärt. Ja und dann kam natürlich auch hier zum Schluss wieder der kommerzielle Teil der Reise. 12 km von Kasanlak entfernt, auf den Südhängen des Balkangebirges, in der Nähe vom Dorf Schipka erhebt sich „das Denkmal der Freiheit Schipka’s" welches zu Ehren der gefallenen Soldaten im russisch-türkischen Krieg gebaut wurde. Hier machten wir einen kleinen Halt um das Denkmal, ein Steinturm mit 31,5 m Höhe, aus der Ferne zu betrachten. Es gibt nicht viele Denkmäler in der Welt, die wie das Denkmal in Schipka auf dem eigentlichen Kriegsschauplatz erstellt wurden. Die gesamte Umgebung ist ein Teil der Geschichte die mit der Verteidigung des Schipka-Passes verbunden ist. Der nächste Halt war dann bei der Gedächtniskirche "Rojdestvo Hristovo" die den im russisch-türkischen Befreiungskrieg gefallenen russischen Soldaten und bulgarischen Freiheitskämpfern gewidmet ist. Schon von weiten waren die goldenen Kuppeln und die reich geschmückte Fassade der Kirche sichtbar. Über dem aus drei Bögen geformten Haupteingang erhob sich ein imposanter Glockenturm. Im Innern konnte man wunderschöne Wandmalereien und Ikonen, 34 Marmorgedenktafeln auf denen die Namen der im Krieg Gefallenden standen, sowie 17 Marmor- Sarkophage mit den Überresten der Opfer besichtigen. Auf dem Weg nach Trjavna machten wir Halt in Etara, hier stiessen wir in einem Waldstück auf das originellste Freilichtmuseum Bulgariens. Es ist das erste dieser Art in Bulgarien und wurde 1964 eröffnet. Man konnte die geschickten Hände der Handwerker, die Messer schmiedeten, Holzschalen drechselten oder herrliche Schmuckstücke aus Gold und Silber herstellten, bewundern. Mit Originalwerkzeugen und nach alten Technologien wurden hier etwa 20 für dieses Gebiet typische Handwerke gezeigt. Beim Spaziergang durch die kleinen Gässchen spürte man den Duft frisch gebackener knuspriger bulgarischer Hausmacherbrötchen, den Simiti und Parlenizi. Wir besuchten auch einen Kräuterladen, in welchem die traditionellen Technologien zur Ölgewinnung aus verschiedenen Pflanzen gezeigt wurden, unter anderem auch aus der berühmten bulgarischen Rose. Am nächsten Morgen ging’s dann weiter nach Veliko Tarnovo. Die Stadt liegt in einem hügelreichen Gelände, durch das der Fluss Jantra und seine Zuflüsse in einer Zickzacklinie fliessen und so drei grosse Hügel voneinander trennen. Hier besichtigten wir den Zarewetzhügel, auf dem einst die Zarenschlösser thronten. Die ganze Festung ist von Mauern umgeben und wird von Schutztürmen bewacht. Man konnte noch die Überreste vom Thronsaal, und die Schlosskirche besichtigen. Ganz oben auf dem Hügel befand sich das Hauptziel der Touristen, das Patriarchen Schloss, dieses ergab eine schöne Kulisse für Fotos. Im ganzen Komplex wurden 47 Kirchen und 400 Wohnräume gefunden. Danach machten wir einen Spaziergang durch die historische Altstadt, kleine Läden säumten die Gassen, Bäcker, Töpfer und Weber liessen sich gern bei der Arbeit zusehen und noch lieber etwas abkaufen. Das Mittagessen nahmen wir im Museumsdorf Arbanasi ein. Von massiven Steinmauern umgebene Häuser mit eisenbeschlagenen Toren und kunstvoll vergitterten Fenstern liessen sie von aussen wie Festungen erscheinen, im Gegensatz dazu bieten sie ein einzigartiges und gemütliches Interieur. Im Dorf sind etwa noch 80 solcher Häuser erhalten, 36 davon sind nationale Kulturdenkmäler. Die älteste stufenweise gebaute Kirche in Arbanasi ist die „Roshdestwo Christowo“ Kirche deren Vorraum 1638 bemalt wurde. Die Wandmalereien in der Kapelle „Joan Krastitel“ wurden 1632 geschaffen. Man kann auch einen Ikonostas, eine dekorative Trennwand zwischen Schiff und Presbyterium besichtigen, welche eines der ältesten Holzschnitzereiwerke in Bulgarien ist. Der grösste Teil der Darstellungen in der Galerie sind von 1649, besonders beeindruckend war das Gemälde „Rad des Lebenswandels“ mit dem Sternzeichen-Kreis. Am Abend kamen wir im malerischer Ort Trjavna an, hier spielte das Holzschnitzhandwerk eine grosse Rolle. Auch hier waren beim Rundgang durch den Ort überall schön restaurierte Häuser und Bauwerke zu sehen. Ein schöner Anblick war auch der älteste Platz des Ortes, der Kapitan Djado Nikola mit dem Uhrturm, dem alten Schulgebäude und der kleinen Kirche Sveti Archangel-Michail. Danach konnten wir im Ikonen-Museum mehr als 160 beeindruckende Heiligenbilder bewundern. Kurz vor Varna machten wir nochmals einen Halt um das Relief des Reiters von Madara zu besichtigen, dieses zählt zu den bedeutendsten Dokumenten bulgarischer Kulturgeschichte. Vom Parkplatz aus führten 226 Stufen zum rätselhaften Reiterbild, über das sich noch heute die Historiker streiten, wen dieser Reiter den eigentlich darstellen sollte. Dieser wurde in fast naturgetreuer Grösse mit Hund und einem erlegten Löwen an einen Hang über einem Fluss zwischen Varna und Shumen in den Stein der Felswand gemeisselt. Das Relief ist mehr als 100 m hoch und bedeckt insgesamt feine Fläche von 23 qm. Die Inschriften in griechischer Sprache um das Relief herum sollen die ältesten bekannten Quellen sein, die das Wort "Bulgarien" enthalten. Anschliessend ging unsere Fahrt weiter Richtung Varna, hier gabs zum Abschluss der Reise noch eine wirklich kurze Stadtrundfahrt. Leider reichte es nicht einmal mehr für einen kurzen Stopp und eine kleinen Spaziergang durch die Stadt und den Markt. Mit einem gemeinsamen Nachtessen endete unsere Reise durch ein Land das landschaftlich gesehen eine Menge zu bieten hatte.